LACDJ Baden-Württemberg

In eigener Sache

Bericht über die Landestagung des LACDJ am 10.03.2007 in Heilbronn

Am 10.03.2007 fand in Heilbronn die jährliche Landestagung des LACDJ statt.
Wir freuen uns, dass unser Rechts- und sicherheitspolitischer Fachkongress (Landestagung) am 10. März in Heilbronn, organisiert vom RACDJ Heilbronn-Franken unter Vorsitz von Frau Dr. Helga Kümmel, so regen Zuspruch gefunden hat und viele befruchtende Diskussionen hervorgebracht hat. Unser Vorsitzender Dr. Jürgen-Peter Graf wurde eindrucksvoll in seinem Amt bestätigt, im Gremium der Stellvertreter hat es einen Wechsel von dem auf seinen Wunsch ausscheidenden Werner Pfisterer zu Hans-Jörg Staedler-Pernice gegeben. Bei Werner Pfisterer bedanken wir uns für seine jahrelange Tätigkeit im Vorstand und seine vielen guten Ideen, die unsere politischen Fragestellungen aus finanzpolitischer Sicht immer bereichert und auf den Boden des Machbaren gestellt haben. Auch in der Riege der Beisitzer im Vorstand hat es „frischen Wind“ gegeben und wir hoffen, diesen Neustart unter bewährter Federführung dazu nutzen zu können, um uns im kommenden Jahr zu vielen rechtspolitischen Fragen zu Wort melden zu können.

Viele rechtspolitische Fragestellungen sind von dem Menschenbild geleitet, das der politische Normgeber und Rechtsanwender von Haus aus mitbringt. Dies schwingt insbesondere bei familienrechtlichen Forderungen mit, die das Prinzip der Eigenverantwortlichkeit der Eheleute stärker in den Vordergund rücken und als Kehrseite dieser Eigenverantwortlichkeit eine verlässliche und bezahlbare Kleinkindbetreuung durchsetzen wollen – Fragen, die auch durch eine große Volkspartei wie die CDU Risse ziehen, wobei sich aber abzeichnet, dass der Generationswechsel und die geänderte soziale Wirklichkeit bewirken, dass die „Moderne“ den politischen Sieg über die Bedenkenträger vergangener Jahrzehnte erringen wird, die in einer Welt der Einverdienerehe lebten und sich die Gleichberechtigung von Frau und Mann – im Alltag gelebt – schlicht nicht vorstellen konnten.

Einen interessanten Gedankenaustausch gab es insbesondere mit Dr. Jürgen Gehb, dem rechtspolitischen Sprecher der CDU/CSU-Fraktion im Deutschen Bundestag, der das Votum und die Meinungen des LACDJ zu Fragen der Neuregelung des Unterhaltsrechts, der in Diskussion stehenden Frage der Strafbarkeit von Abgeordnetenbestechung und den Kuriositäten rund um das Thema „Vaterschaftstests im Lichte der obergerichtlichen Rechtsprechung“ mit nach Berlin genommen hat, was zeigt, dass sich rechtspolitische Arbeit vor Ort lohnen kann und Dinge auch vom Süden des Landes aus bewegt werden können.

Ministerpräsident Günther H. Oettinger MdL, zugleich Landesvorsitzender der CDU Baden-Württemberg, und Thomas Strobl MdB, Generalsekretär der CDU Baden-Württemberg, referierten in Heilbronn insbesondere zu landespolitischen Themen, die nach wie vor im Zeichen dessen stehen, dass auf die Justiz vielfältige neue Herausforderungen warten, und dies bei zunehmend eingeschränkten Ressourcen. Inwieweit dies gelingen kann, untersucht Prof. Dr. Michael Dörschuck von der Polizeihochschule Villingen-Schwenningen als Anmerkung zu dem politischen Abriß des MP in Heilbronn zu Recht in kritischer Weise. Gerade Verfahrenspostulate des BVerfG und des EGMR erschweren die Alltagswirklichkeit von Behörden und Gerichten, die den Rechtsanwender insbesondere im Hinblick auf seine zeitlichen Möglichkeiten erheblich fordern, bisweilen überfordern, und es erscheint fraglich, ob diese manigfachen Verfahrensvorausetzungen überhaupt in der Rechtspraxis greifen werden. Diese Entwicklung ist indes bedenklich, da das Recht seine normative Kraft verliert, wenn der Rechtsanwender überfordert ist und die Akzeptanz dessen schwindet, was er leisten kann und leisten soll: Regelungen zu schaffen in dem Bemühen um Einzelfallgerechtigkeit, was aber nicht gelingen kann, wenn statt abstrakter Regelungen Hunderte von Einzelfallfragen normiert werden, die den Sinn und Zweck des Regelungsanliegens naturgemäß verschleiern.

In eine ähnliche Richtung untersuchte eine Veranstaltung im Februar dieses Jahres des RACDJ Neckar-Odenwald unter Vorsitz von Rechtsanwältin Lore Pfisterer in Dalau die Frage „Quo vadis – Steuerreform“, die den Berichterstatter der CDU/CSU-Bundestagsfraktion zur Steuer-Thematik Christian Freiherr von Stetten zu der resignierten Feststellung veranlasste, dass die Ideallösung im Sinne von Prof. Dr. Paul Kirchhoff nach den Mehrheitsverhältnissen der letzten Bundestagswahl nicht verwirklicht werden konnte. Eine wirkliche Reform, einfach und verständlich, wäre grade im Steuerrecht dringend vonnöten gewesen, von Fachleuten seit vielen Jahren gefordert, vom Wahlbürger indes nicht honoriert. Jener muss nun also weiter in einem Steuerdschungel leben, der sich ständig ändert und als Normbestand wegen ständigen Zeit- und Veränderungsdrucks unter erheblichen handwerklichen Mängel leidet.

Unter anderem über ein gelungen anlaufendes Projekt auf Landesebene konnte jedoch Ministerialdirektor im Justizministerium Baden-Württemberg Michael Steindorfner auf der Landestagung in Heilbronn berichten. Die Privatisierung der Bewährungshilfe in Gestalt der Neustart-GmbH verbindet modernes Mangement mit Qualitätsstandards, was zeigt, dass Effizienzsteigerungen den Bürgern unmittelbar zugute kommen können, ohne (langfristig) den Landeshaushalt zusätzlich zu belasten.

Aus den Parteigerichten fassen die wesentlichen Entscheidungen wie gewohnt Karl-Friedrich Tropf, Klaus Breitling, Dr. Helga Kümmel und Dr. Bernhard Wahl zusammen, Erst- und Letztgenannter jeweils in ihren Ämtern als stellvertretende Vorsitzende bestätigt. Der bekannteste Fall des letzten Jahres war insoweit sicherlich der Fall Hohmann, dessen Klage gegen den Parteiausschluss (Beschluss des Bundesparteigerichts aus dem Jahr 2004) vom Landgericht Berlin und Kammergericht ohne Erfolg geblieben ist.

Aus den Regionalarbeitskreisen wird berichtet über eine hochkarätig besetzte Podiumsdiskussion des RACDJ Heilbronn-Franken mit Minister Professor Dr. Wolfgang Reinhard MdL sowie Dr. Rudolf Lutz und Dr. Dieter Kilper zur Problematik der rechtlichen Rahmenbedingungen für Wachstum und Beschäftigung. Letztes Topthema in unseren Regionalarbeitskreisen waren im Februar dieses Jahres bei einer Veranstaltung des RACDJ Stuttgart unter Vorsitz von Oberbürgermeister Dr. Rommelfanger, Kornwestheim, aktuelle Fragestellungen aus dem Bereich Innere Sicherheit. Dabei sprach sich der Berichterstatter der CDU/CSU-Bundestagsfraktion zum Thema Innere Sicherheit Clemens Binninger MdB insbesondere für eine Änderung des Grundgesetzes aus, um eine Ermächtigung zum Abschuss von durch Terroristen gelenkten Flugzeugen verfassungsrechtlich abzusichern: Die Bedrohung für die Bundesrepublik sei real und unmittelbar, was die gescheiterten Kofferbombenattentate des vergangenen Jahres gezeigt hätten. Computer-Onlinedurchsuchungen seien zudem unerlässlich, da die islamistischen Terroristen in erheblichem Maße über das Internet kommunizierten; zu diesem Behufe sei die StPO zu ändern.