Baden-Württemberg - Die CDU-Juristen - LACDJ
 
Gesetzesvorhaben - BW
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Stellungnahme des LACDJ zu den Eckpunkten für ein Gesetz zur Änderung des Landesrichter- und -staatsanwaltsgesetz

- Schreiben des LACDJ an das Justizministerium Baden-Württemberg -


Anhörung zu den Eckpunkten für ein
Gesetz zur Änderung des Landesrichter- und -staatsanwaltsgesetzes
 
Sehr geehrter Herr Justizminister Stickelberger,
sehr geehrte Frau Ministerialdirektorin Limperg,

für die Möglichkeit, zu den Eckpunkten zu einem Gesetz zur Änderung des Landesrichter- und -staatsanwaltsgesetzes vom 18.12.2014 Stellung zu nehmen, bedanken wir uns. Wir beschränken uns im Folgenden dabei auf einige Anmerkungen, die wir vor allem aus unserer Sicht und im derzeitigen Stadium für wichtig erachten. Wir verweisen im Übrigen auf unsere Stellungnahme in dieser Angelegenheit vom September 2013.

Wir nehmen zunächst die grundlegende Entscheidung zur Kenntnis, dass die Eckpunkte auf der Ebene des Justizministeriums einen Landesrichter- und -staatsanwaltsrat als einheitliches Gremium für alle Gerichtsbarkeiten und die Staatsanwaltschaft vorsehen. Auch wenn manche eine eigene Stufenvertretungen der einzelnen Gerichtsbarkeiten und der Staatsanwaltschaft auch auf höchster Ebene für besser halten, können wir den Eckpunkten in dieser Hinsicht grundlegend zustimmen. Ob verhindert wird, dass sich Vertreter eines gemeinsamen Gremiums mit Angelegenheiten befassen müssen, die sie nicht direkt betreffen, wie Kritiker anführen, wird auch an der praktischen Ausgestaltung wie etwa der Tagesordnung liegen. Nur dann wird die Gefahr der von einigen gesehenen Majorisierung durch die ordentliche Gerichtsbarkeit und die Staatsanwaltschaft bei einem einheitlichen Gremium auf höchster Ebene wirksam gebannt. Ob getrennte Gremien zudem dem Umstand Rechnung tragen würden, dass sich eine Entscheidung oder ein Vorhaben des Justizministeriums in den verschiedenen Gerichtsbarkeiten und der Staatsanwaltschaft unterschiedlich auswirken können und daher dort auch unterschiedlich beurteilt werden, wird erst an der jeweiligen Materie und in der praktischen Anwendung sichtbar werden.

Da die Eckpunkte Regelungen enthalten, mit denen versucht wird, den eben genannten, nicht von der Hand zu weisenden Bedenken Rechnung zu tragen, dürfte dies im gegenwärtigen Stadium genügen. Falls es zu der Einführung des in den Eckpunkten vorgesehenen einheitlichen obersten Gremiums kommt, begrüßen wir daher die vorgesehenen Einigungsstellen als Instrument der Konfliktlösung auf Bezirksebene (Eckpunkt 6). Auch die vorgeschlagene Besetzung des obersten gemeinsamen Gremiums halten wir für einen grundsätzlich gelungenen Ansatz (Eckpunkt 8).
 
Noch nicht Gegenstand der Eckpunkte, aber natürlich von großem praktischen Interesse, ist auch die Besetzung der in dem Eckpunkt 6 vorgesehenen Einigungsstellen. Auch die Zuständigkeit dieser Einigungsstellen sollte klar definiert werden.

In diesem Zusammenhang halten wir es für denkbar, die Beteiligung bei Vorhaben des Justizministeriums, die direkt nur eine Gerichtsbarkeit oder die Staatsanwaltschaft betreffen (z. B. Entscheidungen über Fachanwendungen) in die Zuständigkeit der Bezirksrichterräte bzw. -staatsanwaltsräte und ggf. der Einigungsstelle auf Bezirksebene zu geben. Ferner regen wir an, bei Vorhaben, die nur eine Fachgerichtsbarkeit betreffen, für Entscheidungen im Landesrichter- und -staatsanwaltsrat eine qualifizierte Mehrheit mit über 75 %, d. h. die Zustimmung des Vertreters mindestens einer Fachgerichtsbarkeit, vorauszusetzen. Auch diese wäre eine angemessene Reaktion auf die uns bekannt gewordenen Bedenken insbesondere kleinerer, auf ihre Eigenständigkeit bedachten Gerichtsbarkeiten.

Hinsichtlich der Besetzung der Bezirksrichter- und -staatsanwaltsräte gehen wir davon aus, dass diese nicht mit der Besetzung der bereits bestehenden Richter-/Staatsanwaltsräte an den jeweiligen Obergerichten bzw. den Generalstaatsanwaltschaften identisch ist und dass in die Räte auf der Bezirksebene auch Mitglieder aus der ersten Instanz bzw. den Staatsanwaltschaften gewählt werden können. Nur dies wäre der Sache nach die zu erstrebende Verbesserung.

Kritisch sehen wir insbesondere den Eckpunkt 12 (Freistellungsmöglichkeiten eröffnen). Die Kritik richtet sich nicht alleine gegen die Antragsgebundenheit eines Freistellungsrechts, sondern gegen die Ablehnung einer sog. „Freistellungsstaffel". Eine Freistellung sollte nicht allein von einem Antrag abhängen, auf den unter Umständen wegen der Erwartungshaltung der Kollegenschaft vor Ort angesichts der Arbeitsbelastung „verzichtet“ wird. Das jeweilige Mandat muss nach der Annahme der Wahl bereits mit einer vorher vorgesehenen Entlastung verknüpft sein. Dies gilt umso mehr, als zur Art der Beteiligung in den Eckpunkten noch keine Angaben vorliegen. Wir sehen Gesetzgeber und Exekutive in der Pflicht, einen angemessenen Rahmen für Freistellungen vorzugeben. Freistellungen von 0,1 AKA bis hin zu mindestens 0,5 AKA (Vorsitzender) dürfen je nach Ebene und Funktion kein Tabu sein. Ansonsten droht die Gefahr, dass es in Abhängigkeit der Entscheidung der jeweiligen Gerichtspräsidien vor Ort zu völlig unterschiedlichen Freistellungen für den u. U. gleichen Arbeitsaufwand gewählter Vertreter kommt. Ferner halten wir es gerade bei der erstmaligen Einführung von Stufenvertretungen für nicht zielführend, Kolleginnen und Kollegen, die sich für Ämter in der Stufenvertretung interessieren und bereit wären, sich hier zu engagieren, hinsichtlich der in Betracht kommenden Freistellungen vorweg im Unklaren und damit im Falle einer Wahl orientierungslos zu lassen. Denn im Gleichklang mit der erst jüngst durchgeführten Novelle beim Landespersonalvertretungsgesetz ist der Richterschaft im demokratischen Rechtsstaat nicht weniger zu gewähren als anderen Mitgliedern des öffentlichen Dienstes. Wir sprechen uns daher auch in Kenntnis der jüngsten Sparpläne des Justizressorts klar gegen eine „Mitbestimmung nach Kassenlage“ aus.

In diesem Zusammenhang weisen wir darauf hin, dass auch die Tätigkeit der gewählten Mitglieder der Präsidialräte derzeit ohne Freistellungen stattfindet. Durch die dankenswerter Weise erfolgte Einbeziehung dieser Gremien auch in Fragen der Erprobungsabordnung ist jedoch vor allem in der ordentlichen Gerichtsbarkeit ein Maß an zeitlichem Engagement erforderlich, das auch hier funktionsgerechte Freistellungen nach definiertem AKA-Rahmen sinnvoll macht. Die Gelegenheit ist nunmehr günstig, hier auch unter Berücksichtigung bisheriger Freistellungen ein Freistellungskonzept aus einem Guss zu entwerfen („Mitbestimmung statt Bibliothek“).

Hierbei hat auch eine Einbeziehung in das PEBB§Y-System und ggf. weitere Verfahren zur Bedarfsbestimmung zu erfolgen. Nur dies dürfte die vorangegangene und die nunmehr auf Basis der Eckpunkte bevorstehende Novellierung des Landesrichter- und
-staatsanwaltsgesetzes zu einem echten Mehrwert für die Betroffenen werden lassen und den ernsthaften Willen zu mehr Mitbestimmung unterstreichen.

„Wer seine Belegschaft einbindet und Teilhabe an Entscheidungen möglich macht, fördert Engagement“, sagte jüngst Landtagspräsident Guido Wolf. Dieses Engagement im Sinne der Rechtspflege verdient diesen Aufwand und soll dazu führen, die Zeiten rudimentärer Personalvertretung in den Gerichtsbarkeiten und der Staatsanwaltschaft zu beenden. Diese dürfen nicht mehr in weiten Teilen ein personalvertretungsfreier Raum bleiben. Dieses Anliegen der Eckpunkte gilt es konsequent weiterzudenken.
 
Mit freundlichen Grüßen

gez.

Dr. Alexander Ganter
Landesvorsitzender

 Stellungnahme im Rahmen der Anhörung des JM zu den Eckpunkten für ein Gesetz zur Änderung des Landesrichter- und -staatsanwaltsgesetz (pdf-Version)



Stellungnahme des LACDJ zu Stufenvertretungen im richterlichen und staatsanwaltlichen Bereich

- Schreiben des LACDJ an das Justizministerium Baden-Württemberg - 

Stufenvertretungen im richterlichen und staatsanwaltlichen Bereich

Schreiben mit Fragenkatalog vom 04.06.2013

Sehr geehrte Damen und Herren,

der Landesarbeitskreis Christlich Demokratischer Juristen (LACDJ) nimmt zum oben genannten Reformvorschlag wie folgt Stellung:

Zunächst begrüßt der LACDJ die breite Beteiligung der Richterschaft an der Diskussion zu den derzeit in Prüfung befindlichen Plänen des Justizministeriums, die gesetzlichen Regelungen zur Mitbestimmung der Richterinnen und Richter sowie Staatsanwältinnen und Staatsanwälte (im Folgenden: Richter) um zusätzliche Beteiligungsgremien über die bisher bestehende Ebene hinaus zu ergänzen. Wir bedanken uns für die Möglichkeit, bereits in diesem frühen Stadium eine Stellungnahme abgeben zu können. Diese Vorgehensweise, die das Justizministerium Baden-Württemberg bereits im vergangenen Jahr bei der Reform des damaligen Landesrichtergesetzes (LRiG) praktiziert hat, verdeutlicht uns, dass eine wirkliche Diskussion und Einflussnahme der Richterschaft und damit auch unserer Mitglieder gewollt ist.

In der folgenden Stellungnahme beziehen wir uns vor allem auf den übermittelten Fragenkatalog. Wir begrüßen ausdrücklich das Ziel der bisherigen Diskussion, „die Mitbestimmungsrechte innerhalb des derzeitigen Systems der Justiz zu stärken“. Dies bedeutet notwendigerweise, neben der bereits starken Stellung des bestehenden Präsidialrats die Mitsprache aller Richter bei denjenigen Fragen zu stärken, die sie alltäglich in ihren sozialen und allgemeinen Bereichen am Arbeitsplatz betreffen.

Im Folgenden soll nun auf den übermittelten Fragenkatalogs eingegangen werden.

I) Fragestellungen zum Regelungsbedarf

1. Es bestehen derzeit unserer Auffassung nach in Baden-Württemberg Defizite bei der Mitbestimmung im richterlichen Bereich. Die von den Richterräten der Gerichte durchgeführte Unterschriftenaktion vom Frühjahr 2012 hat dem Justizministerium und letztlich dem Gesetzgeber einen Handlungsauftrag zur Schaffung weiterer Beteiligungsebenen erteilt.

2.
Als konkrete Bereiche nennen wir hier etwa Fragen im Zusammenhang mit:

der Sicherheit in Justizgebäuden, der Einführung von EDV-Programmen, dem Umfang der Bereitstellung von Servicepersonal in den Geschäftsstellen, den Melde- und Berichtspflichten bei sogenannten Altfällen, der Ausschreibung und Teilnehmerauswahl bei Fortbildungsmaßnahmen (die letztlich beurteilungsrelevant sind), der Arbeitsplatzergonomie, dem Nichtraucherschutz, der Regelungen zum Bereitschaftsdienst, den Möglichkeiten zur Telearbeit und Ähnliches. Sämtliche Aspekte, die den konkreten richterlichen Arbeitsplatz betreffen, sind bisher lediglich auf der bereits bestehenden, am jeweiligen Gericht befindlichen Ebene beschränkt ansprechbar.

3. Gefragt, ob es Bereiche gibt, die im Lichte der richterlichen Unabhängigkeit von einer Mitbestimmung ausgenommen werden sollen, ist klar darauf hinzuweisen, dass die Schaffung weiterer Beteiligungsrechte für Richter gerade der Sicherung und dem Ausbau der richterlichen Unabhängigkeit in einer sich wandelnden Arbeitslandschaft dient. Nicht durch die Herausnahme von Aspekten des täglichen gerichtlichen Umfeldes wird die richterliche Unabhängigkeit gesichert, sondern in der erweiterten Möglichkeit zur Mitsprache. Die richterliche Unabhängigkeit in ihrer gängigen Definition darf natürlich keinesfalls angetastet werden. 

II) Zum Inhalt des Begriffs „Stufenvertretung“

1. Aus Sicht aller Gerichtsbarkeiten ist nur eine Konzeption überzeugend, die sowohl eine oder mehrere Haupt- als auch  Bezirksstufenvertretung/en vorsieht. Deren Aufgaben und Beteiligungsrechte sind unter Berücksichtigung der richterlichen Aufgaben, der richterlichen Unabhängigkeit und der bestehenden Präsidialratsverfassung  auszugestalten. Für die konkrete Fragestellung bedeutet dies, dass eine Einbeziehung von Richtern als Beschäftigte in das Landespersonalvertretungsgesetz nicht in Betracht kommt. 

2.  Die Übernahme eines Mitbestimmungsmodells eines anderen Bundeslandes - unter Aufgabe der derzeitigen spezifischen baden-württembergischen Präsidialratsverfassung - kommt aus unserer Sicht nicht in Betracht. Die bundesweit hochgelobte baden-württembergische Präsidialratsverfassung soll nicht durch Übernahme eines anderen Mitbestimmungsmodells ersetzt, sondern spezifisch ergänzt werden.

3. und 4. Ein weiteres Eingehen auf die unter II. Ziffern 3 und 4 aufgeführten Varianten ist entbehrlich.

5. Aus unserer Sicht kommt ausschließlich die Einrichtung sowohl einer oder mehrerer Hauptstufenvertretung/en (Ebene JM) als auch zusätzlicher Bezirksstufenvertretung/en (Ebene der Obergerichte) in Betracht. Die zu definierenden Aufgaben ergeben sich naturgemäß spiegelbildlich zu den Kompetenzen der jeweiligen Ebene, auf der diese angesiedelt sind. So sind Fragen, die auf der Ebene der Obergerichte entschieden werden, in Bezirksstufenvertretungen anzusprechen. Belange, die ausschließlich oder überwiegend einer Regelung durch das Justizministerium Baden-Württemberg unterliegen, sind hingegen auf der Ebene eines Hauptrichterrates einer Beteiligung zuzuführen.

III) Organisatorische Ausgestaltung etwaiger Hauptstufenvertretungen

1. und 2. Die Frage, ob für jede Gerichtsbarkeit und die Staatsanwaltschaften getrennte Hauptstufenvertretungen eingeführt werden sollten, bedarf weiterer Diskussionen in der Richterschaft bzw. in den Staatsanwaltschaften. Nach unserer Kenntnis haben nicht alle Richterräte vor Ort im Frühjahr 2012 die Unterschriftenlisten den jeweiligen Richtern zugänglich gemacht;  die Diskussion in den Gerichten und Staatsanwaltschaften über die relevanten Fragen haben teilweise erst  verspätet begonnen und sind noch nicht abgeschlossen. Deshalb soll von uns eine endgültige Stellungnahme insoweit heute noch nicht abgegeben werden.

3.
Für den Fall der Bildung einer einzigen gemeinsamen Hauptstufenvertretung oder von Hauptstufenvertretungen, die nicht nur eine, sondern mehrere Gerichtsbarkeiten vertreten sollte es einen „Minderheitenschutz“ geben. Zunächst muss sichergestellt sein, dass die gewählten Mitglieder aus allen vertretenen Bereichen stammen. Ferner müssen konkrete Verfahrensregeln zum Schutz der einzelnen Gruppen eingeführt werden. Nachdem zum jetzigen Zeitpunkt jedoch noch in keiner Weise feststeht, wen die  Hauptstufenvertretung/en jeweils vertreten, können auch Fragen nach der konkreten Ausgestaltung eines Minderheitenschutzes nicht beantwortet werden.

4.
Die Frage, ob die Mitglieder der Vertretungsorgane von ihren sonstigen Aufgaben (teilweise) freizustellen sind  ist im Hinblick auf die Notwendigkeit einer professionellen Aufgabenwahrnehmung - wie bei den Mitgliedern der übrigen Personalvertretungen - zu bejahen. Diese Tätigkeit kann aufgrund des Umfangs und der Vielschichtigkeit der zu bewältigenden Aufgaben einerseits und der inzwischen sehr hohen Arbeitsbelastung andererseits nicht zusätzlich geleistet werden. Zu bedenken ist, dass Richter bereits jetzt neben ihren eigentlichen Rechtsprechungsaufgaben vielfach Aufgaben zusätzlich übernehmen: als Präsidialräte, als Präsidiumsmitglieder, als Richterräte, als AG-Leiter, als Prüfer in Staatsexamen, als EDV- und Juris-Beauftragte, als Pressesprecher, als Fortbildungsbeauftragte, in der Referendarausbildung usw., wobei dies häufig ohne Entlastung erfolgt. Die arbeitsintensive Mitarbeit in Stufenvertretungen kann nicht zusätzlich ehrenamtlich geleistet werden. 

Eine Freistellung entspricht auch den Grundsätzen in der Arbeitnehmer- und Personalvertretung in der Privatwirtschaft sowie sonst im öffentlichen Dienst. Die Höhe der jeweiligen Entlastung ist nach Erstellung des kompletten Leistungskatalogs und dem Zuschnitt der konkreten Gremien zu bestimmen. In der Gesamtheit sind hierbei Entlastungen für den Bereich der Bezirksvertretung und der Hauptvertretung zu berücksichtigen. Dabei ist auch zu sehen, ob die gewählten Vertreter auf der Bezirksebene (also auf Ebene des Obergerichts), auch diejenigen sind, die ggf. in Personalunion die Aufgaben auf Hauptrichterebene (also auf Ebene dem Justizministerium) wahrnehmen. Hier sind für den Vorsitzenden eine Freistellung von 0,5 AKA sowie für mögliche Beisitzer von 0,1 bzw. 0,2 AKA wohl unumgänglich. So ist etwa der stellvertretende Vorsitzende des Hauptrichterrates in Sachsen mit 0,2 AKA von seiner spruchrichterlichen Tätigkeit entlastet.

IV.
Die beteiligungsrechtliche Ausgestaltung etwaiger Stufenvertretungen

1. Im Hinblick auf die Besonderheiten des Richteramts kommt lediglich eine eigenständige Regelung im Landesrichter- und Staatsanwaltschaftsgesetz in Betracht.

2. Wir sehen es nicht als Aufgabe einzelner Richter oder der Verbände und Vereinigungen an, ein Modell der Mitbestimmung im Detail vorzulegen. Wir meinen, dass durch die Unterschriftenaktion das Justizministerium und damit die Landesregierung aufgerufen sind, einen Gesetzesentwurf mit dem im Justizministerium bestehenden Personalapparat zu erarbeiten und diesen sodann der Anhörung zuzuführen.

3. Die bisherigen Aufgaben des Präsidialrats beziehen sich auf einzelne, konkrete Stellenbesetzungen und andere konkrete Vorgänge; diese Aufgaben sollten den Präsidialräten verbleiben. Andererseits sollte sich deren Zuständigkeit auf diese bereits zugewiesenen Maßnahmen beschränken. Aufgaben etwa im Bereich der Personalentwicklung oder bei der Erstellung von Beurteilungsrichtlinien sind abstrakter Natur und sollten den neu zu schaffenden Gremien zugeordnet werden.


Für Rückfragen stehen wir jederzeit gerne zur Verfügung.

Mit freundlichen Grüßen
- für den LACDJ -

gez.

Dr. Graf
Landesvorsitzender

 

 Stellungnahme zu Stufenvertretungen im richterlichen und staatsanwaltlichen Bereich (pdf-Version)



Stellungnahme des LACDJ
zum Diskussionsentwurf des Justizministeriums Baden-Württemberg zur Novellierung des Landesrichtergesetzes

- Schreiben des LACDJ an das Justizministerium Baden-Württemberg vom 23.04.2012 -


Stellungnahme zum Diskussionsentwurf eines LRiG-ÄndG


Sehr geehrter Herr Minister,

zunächst möchte ich im Namen des LACDJ Ihnen für die Gelegenheit zur Stellung-nahme zu dem Diskussionsentwurf für ein Gesetz zur Änderung des Landesrichtergesetzes ganz herzlich danken.

Gerne nehmen wir zu dem Diskussionsentwurf wie folgt Stellung und stehen im Übrigen auch gerne zu einem Gespräch zur Erläuterung unserer Auffassungen zur Verfügung:

1. Zur Stärkung der Beteiligungsrechte der Präsidialräte und des Hauptstaatsanwaltsrats sowie zur Verbesserung des Beteiligungsverfahrens

1.1 Allgemeines

Der LACDJ begrüßt, dass der Diskussionsentwurf eines LRiG-ÄndG (im Folgenden: DE-LRiG-ÄndG) auf eine Veränderung innerhalb des bisherigen Systems abzielt. Häufig diskutierten Forderungen nach einem Systemwechsel („Selbstverwaltung der Justiz“) stehen - je nach Ausgestaltung - erhebliche verfassungsrechtliche Bedenken entgegen. Jedenfalls vermag der LACDJ die Notwendigkeit eines solchen Systemwechsels in Baden-Württemberg nicht zu erkennen, zumal überzeugende Argumente für einen dadurch erzielten Effektivitätsgewinn bei Erledigung des Rechtsprechungsauftrags fehlen.

1.2 Zu § 32 Abs. 2 DE-LRiG-ÄndG (Beteiligung in Form der Anhörung vor Er-probungsabordnung)

Die Einführung eines Beteiligungsrechts der Präsidialräte vor der Abordnung zur Erprobung an ein Obergericht des Landes ist ein Schritt in die richtige Richtung. Ob dieser Schritt zu mehr Transparenz des Auswahlverfahrens für die Erprobungsabordnung führen und dem Leistungsprinzip (Art. 33 Abs. 2 GG) besser Geltung verschaffen wird, hängt aber entscheidend von der Ausgestaltung des Anhörungsverfahrens ab. Dieses wird Gesetzentwurf bedauerlicherweise nicht geregelt. Auch hätten wir es begrüßt, den verbindlichen Kriterienkatalog schon jetzt zu erfahren, um diesen in unserer Stellungnahme berücksichtigen zu können.

Folgt die Ausgestaltung des Verfahrens dem Vorschlag in der Entwurfsbegründung, S. 32 f., dürfte eine maßgebliche Verbesserung gegenüber dem bisherigen Zustand kaum erzielbar sein. Denn nach diesem Vorschlag erstellt die oberste Dienstbehörde einmal jährlich nur eine Liste mit den Richtern, die im Folgejahr zur Abordnung vorgesehen sind, ohne dabei aber diejenigen zu erwähnen, deren Abordnungswünsche zurückgestellt wurden. Damit wird den Präsidialräten ein wirklicher Überblick über die aktuelle Konkurrenzsituation verwehrt. Sie können nur spekulieren, ob die übrigen, auch ihnen bekannte besonders leistungsstarke Kolleginnen und Kollegen, derzeit kein eigenes Abordnungsinteresse haben oder aber nicht berücksichtigt wurden. Entgegen den selbst gesteckten Zielen des Entwurfs (vgl. dessen Ziff. I.1. Abs. 3) werden die Präsidialräte auf diese Weise gerade nicht in die Lage versetzt, die gleichmäßige Anwendung der in dem Personalentwicklungskonzept vorgesehenen Kriterien effektiv zu kontrollieren.

Wir halten es daher für erforderlich, dass das Justizministerium dem jeweiligen Präsidialrat zusätzlich eine aussagekräftige Gesamtliste aller abordnungswilliger Kolleginnen und Kollegen vorlegt.

Wird das Verfahren auf diese Weise um die Mitteilung auch der zurückgestellten Interessentinnen und Interessenten erweitert, könnte ein weiterer Vorteil erzielt werden: Die Mitglieder der Präsidialräte bekämen frühzeitiger einen Überblick über den Leistungsstand der Kolleginnen und Kollegen (und zwar regelmäßig über deren richterliche Leistungen in der ersten Instanz).
Um irgendwelche, möglicherweise unbeabsichtigten Unterlassungen von nichtberücksichtigter Interessenten bei der Erstellung der Liste zu vermeiden, schlagen wird vor, das die Gesamtliste aller möglichen Bewerber im Wege einer Interessebekundung erstellt wird, so dass auch jeder Kollege in diese Liste aufgenommen wird, der selbst sein Interesse an einer Abordnung dem Ministerium mitteilt.
Einer solchen Erweiterung des Verfahrens dürfte auch kaum ein besonderer zusätzlicher Aufwand entgegenstehen, zumal für eine funktionierende Personalentwicklung die Erstellung solcher Listen von noch zurückgestellten Kolleginnen und Kollegen mehr als hilfreich ist, sofern derartige Aufstellungen in der Personalverwaltung des Justizministeriums nicht ohnehin längst vorhanden sind.

1.3 Zu § 43 Abs. 1 Satz 2 u. 3 DE-LRiG-ÄndG (Einführung einer Frist von sechs Wochen und einer Verlängerungsmöglichkeit)

Jedenfalls die Kombination beider Neuerungen vermag nicht restlos zu überzeugen. Denn die weitere Neuerung des § 32 Abs. 1 DE-LRiG-ÄndG wird dazu führen, dass die Präsidialräte künftig ohnehin häufiger zusammenkommen müssen. Unter Ausnutzung moderner Kommunikationsmethoden sollte daher eine Entscheidungsfindung regelmäßig innerhalb von vier Wochen möglich sein. In Ausnahmefällen kann von der Fristverlängerung auf Antrag um zwei Wochen Gebrauch gemacht werden (§ 43 Abs. 1 Satz 3 DE-LRiG-ÄndG). Auch um die Nachbesetzung offener Stellen nicht zu sehr zu verzögern, sollte daher auf die Ausdehnung der Frist in § 43 Abs. 1 Satz 2 DE-LRiG-ÄndG auf sechs Wochen verzichtet werden.

1.4 Zu § 43 Abs. 5 DE-LRiG-ÄndG (Möglichkeit der Herbeiführung einer verwaltungsgerichtlichen Entscheidung)

Die im Diskussionsentwurf überraschend vorgesehene Erweiterung des Beteiligungsverfahrens um die Möglichkeit einer verwaltungsgerichtlichen Feststellung halten wir weder für sinnvoll noch für zweckmäßig.

Das gegenwärtige System einer Kombination von Präsidialräten und Richterwahlausschuss funktioniert anerkanntermaßen hervorragend. Dieses bewährte System, um das wir bundesweit beneidet werden, sollte nicht ohne Not verändert werden. Das gute Funktionieren des Systems beruht auf der Stärke des Richterwahlausschusses. Das Einfügen einer Zwischeninstanz zwischen Präsidialräten und Richterwahlausschuss schwächt den Richterwahlausschuss entscheidend. Der Diskussionsentwurf sieht zwar nicht vor, welche Wirkungen einer Feststellung des Verwaltungsgerichts wem gegenüber zukommen sollen; durch eine solche gerichtliche Feststellung dürfte aber der Entscheidungsspielraum des Richterwahlausschusses regelmäßig auf Null schrumpfen. Der Diskussionsentwurf lässt im Unklaren, welche Rolle der Richterwahlausschuss im Falle einer gerichtlichen Feststellung noch spielen soll und kann.

Es bleibt auch offen, wie die Präsidialräte ein solches Verfahren personell und finanziell bestreiten können und ob/wie sämtliche Beteiligte eines möglichen Konkurrentenstreits darin einbezogen werden sollen. Auch dürfte es im Falle der Umsetzung des Vorschlags durchaus weiterhin möglich sein, am Ende des Auswahlverfahrens im Wege einer Konkurrentenklage gegen die von Verwaltungsgericht und ggfs. Richterwahlausschuss getroffene Auswahlentscheidung vorzugehen, was zu einer Häufung von Rechtsbehelfen führen könnte.
Wir sind daher der Auffassung, dass die vorgeschlagene Verfahrenserweiterung nicht in das gegenwärtige System passt und sie absehbar zu einer Verlängerung und Verkomplizierung der Verfahren führen wird. Der Vorschlag gefährdet ohne Not ein funktionierendes System insgesamt und beschränkt entgegen der Intention des Entwurfs die allgemein anerkannte richterliche Mitbestimmung.

2. Schaffung eines Staatsanwaltswahlausschusses (§§ 89a ff. DE-LRiG-ÄndG)

Wir begrüßen die durch die Schaffung eines Staatsanwaltswahlauschusses vorgese-hene Gleichstellung von Staatsanwälten und Richtern. In unserem personell zwi-schen Staatsanwaltschaft und Gerichten in beide Richtungen offenen System passt eine unterschiedliche Behandlung bei Beförderungsentscheidungen nicht ins Bild.

3. Zur Einführung einer (spezifischen) Fortbildungspflicht, § 8a DE-LRiG-ÄndG

Zutreffend verweist die Entwurfsbegründung darauf, über die Verweisung des § 8 LRiG in das Landesbeamtengesetz (vgl. dort § 50 LBG n.F.) bestehe schon bislang eine Fortbildungspflicht für Richter. Bedauerlicherweise fehlt in der Begründung der Hinweis darauf, dass die ganz große Mehrzahl der Richterinnen und Richter dieser Pflicht in verantwortungsbewusster Weise nachkommt.

Ob durch die nun angestrebte spezialgesetzliche Normierung, die sich nicht an die Formulierungen des Landesbeamtengesetzes anlehnt (§ 8a Satz 1 DE-LRiG-ÄndG), eine wirkliche Verbesserung erreicht werden kann, erscheint offen.

Zentral bleibt die damit korrespondierende Verpflichtung des Dienstherrn, Fortbildungsangebote zur Verfügung zu stellen (§ 8a Satz 2 DE-LRiG-ÄndG). Dies dürfte schon dem Wortlaut nach eindeutig bedingen, auch im Land Angebote zu schaffen, die das der Deutschen Richterakademie ergänzen. Bedenklich bleibt, dass künftig nur noch die „dienstliche Fortbildung“ durch geeignete Maßnahmen zu fördern sein soll. Es wäre ein Rückschritt, wenn damit die Wahrnehmung außerdienstlicher Fortbildungsangebote für Richter, etwa Veranstaltungen von Anwaltsvereinigungen, künftig behindert würde. Zur Klarstellung sollte daher auf das Wort „dienstliche“ verzichtet werden; der Handlungsspielraum des Dienstherrn wird bereits dadurch gesichert, dass nur „geeignete Maßnahmen“ in Betracht zu ziehen sind.

Ungeklärt bleibt, was aus einer nachhaltigen Verweigerung jeder Fortbildung zu folgen hätte. Ebenso erscheint offen, was für Kolleginnen und Kollegen in stark belasteten Referaten gilt, die ihrer Verfahrensförderungspflicht nachkommen wollen und deswegen bewusst auf Fortbildungen verzichten.

4. Verfahrensvereinfachung und -beschleunigung im Disziplinarrecht (§§ 72 ff. DE-LRiG-ÄndG)

Die weitgehende Anpassung der Vorschriften für Disziplinarverfahren gegen Richter, Staatsanwälte und badische Amtsnotare an das Landesdisziplinargesetz (LDG) wird begrüßt. Es besteht in der Tat keine Veranlassung, für die genannten Berufsgruppen weiterhin einem überkommenen System des Disziplinarrechts zu folgen. Gleichwohl sollte aber der besonderen Stellung gerade der Richter (Art. 97 GG) noch stärker Rechnung getragen werden, auch wenn das LDG für Beamte abweichende Regelungen enthält. Demgemäß wird vorgeschlagen, in § 74 Abs. 2 Satz 3 DE-LRiG-ÄndG die aufschiebende Wirkung der Beschwerde anzuordnen. Sowohl die vorläufige Dienstenthebung als auch die Einbehaltung von Dienstbezügen bzw. die vorläufige Übertragung eines anderen Richteramts wirken derart einschneidend auf die richterliche Unabhängigkeit, dass vor Vollziehung dieser Maßnahmen der einstweilige Rechtsschutz des Richters ausgeschöpft sein sollte. Dies korrespondiert im Übrigen mit der bundesgesetzlichen Regelung in § 149 Abs. 1 Satz 1 VwGO: Wenn schon die Beschwerde gegen die Festsetzung eines Ordnungs- und Zwangsmittels aufschiebende Wirkung hat, sollte dies erst recht für die hier in Rede stehenden Maßnahmen gelten.

Zur Sicherung der Verfahrensrechte im dienstgerichtlichen Verfahren und zur Vermeidung etwaiger Verfahrensrügen sollte § 76a Abs. 4 DE-LRiG-ÄndG zur Klarstellung insoweit ergänzt werden, dass jedenfalls der betreffende Richter, Staatsanwalt oder badische Amtsnotar in der angefragten Zustimmungserklärung über die Folgen eines mangelnden Widerspruchs zu belehren und dass ihm die gerichtliche Verfügung zuzustellen ist. Dies trägt dem Umstand Rechnung, dass die VwGO in § 101 Abs. 2 eine Entscheidung ohne mündliche Verhandlung ohne ausdrücklich erklärtes Einverständnis gerade nicht kennt.

Darüber hinaus wird angeregt, § 75 Abs. 1 DE-LRiG-ÄndG dahingehend zu gestalten, dass die oberste Disziplinarbehörde stets einen an einer anderen Dienststelle beschäftigten, auf Lebenszeit ernannten Richter mit dessen Zustimmung zum Ermittlungsführer zu beauftragen hat. Dies beugt gerade bei kleineren und mittelgroßen Gerichten bzw. Staatsanwaltschaften von vornherein kollegialen (Loyalitäts-) Konflikten vor, stärkt die Akzeptanz und Unvoreingenommenheit des Ermittlungsführers und entlastet nicht zuletzt den Leiter der (unteren) Disziplinarbehörde von dem möglichen Vorwurf, zu Unrecht nicht von der Möglichkeit des § 75 Abs. 1 Satz 2 DE-LRiG-ÄndG Gebrauch gemacht zu haben. Dem Änderungsvorschlag dürften in Ansehung der realiter wenigen Disziplinarverfahren gegen Richter und Staatsanwälte keine durchgreifenden personalwirtschaftlichen Einwände entgegenstehen.

Unabhängig davon wäre es zu begrüßen, wenn in § 75 Abs. 1 DE-LRiG-ÄndG aufgenommen wird, dass der Ermittlungsführer dem jeweiligen „Zweig“ des Beschuldigten angehören soll. Dies stellt sicher, dass der Ermittlungsführer mit dem jeweiligen (fach-) richterlichen bzw. staatsanwaltschaftlichen Dienst in der Praxis ausreichend vertraut ist und erhöht dessen Akzeptanz.


gez.

Dr. Graf
Landesvorsitzender

Stellungnahme des LACDJ zum Diskussionsentwurf eines LRiG-ÄndG (pdf-Version)

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